Geschrieben von Waltraud am 07.01.2010 22:55
#8
Die Ameise
(Eine kleine Geschichte zum Nachdenken)
Jeden Morgen kam die fleißige Ameise fröhlich zur Arbeit. Sie liebte ihren Job und verbrachte Ihre Zeit dort fleißig arbeitend, immer ein Liedchen summend. Es gab niemanden der sie beaufsichtigten musste, denn wie schon gesagt – sie liebte ihre Arbeit. Der Generaldirektor, ein dicker fetter Käfer, stellte eines Tages fest, dass auch sein Unternehmen modernisiert gehört und schuf einen Platz für einen Supervisor. Er stellte dafür den Mistkäfer mit viel Erfahrung ein. Die erste Sorge des Mistkäfers galt der Arbeitszeit. Anfangs- und Endzeiten mussten standardisiert werden! Er machte verschiedene Reports und bald war klar - der Mistkäfer braucht eine Sekretärin, welche diese Fülle an Reports vorbereitete und archivierte. Man stellte eine hübsche Spinne ein, die sofort ein Archiv einrichtete und Telefonanrufe entgegennahm. Und in der ganzen Zeit arbeitete die Ameise froh und munter weiter, denn ihre Arbeit gefiel ihr und sie summte ihr Liedchen. Der Generaldirektor war begeistert von der Arbeit des Mistkäfers und bat ihn um grafische Darstellungen und Zukunftsanalysen. So war es dann auch nötig noch eine Fliege einzustellen, als Helfer für den Supervisor. Sie kauften der Fliege einen Laptop, damit alle Reports schön bunt gemacht werden konnten. Die fleißige Ameise summte ihr Liedchen immer seltener und beschwerte sich bald, da sie soviel Schreibkram auszufüllen hatte, anstatt sich um Ihre Arbeit zu kümmern. Darum beschloss der Generaldirektor - es muss ein Administrator für die Abeilung her in der die Ameise arbeitete. Diese verantwortungsvolle Aufgabe wurde der Heuschrecke übertragen, die als erstes verlangte, dass man ihr einen speziellen Sessel kaufen sollte. Natürlich brauchte sie auch ein Auto, einen Laptop und zur Kommunikation mit Untergebenen Zugang zum Intranet. Natürlich brauchte die Heuschrecke auch einen persönlichen Assistenten, die Kröte, da die schon Sekretärin bei der Heuschrecke gewesen war, an ihrem alten Arbeitsplatz. Die Ameise sang nicht mehr, wurde immer unruhiger und nervöser. Das neu eingestellte „Experten-Team“ war sich sicher, dass man ein Gremium von Leuten zusammenbekommen müsse, die für eine Studie über die arbeitende Gesellschaftsschicht Daten zusammenträgt und berichtet. Gesagt, getan. Die ausgesuchten Leute machten sich monatelang an die Arbeit, gegen ein beträchtliches Entgelt natürlich. In der Zwischenzeit stellte der Generaldirektor fest, die Abteilung, in der die fleißige Ameise immer munter vor sich hin gearbeitet hatte, bringt nicht mehr den gleichen Profit wie früher. Also wandte er sich an die Eule, eine Expertin in Sachen Geschäfte machen, die auch Tausende von Euro bekam. Diese sollte analysieren und diagnostizieren, um herauszufinden was zu tun sei. Die Eule wirbelte drei Monate in allen Büros der Firma herum, bis sie einen Abschlußbericht vorlegte, der am Ende nichts anders sagte als: "Es sind zu viele Angestellte - es müssen welche entlassen werden". So folgte der Generaldirektor dem Rat der Eule, denn die musste es ja wissen (kostete ja auch Tausende von Euro!) und kündigte die Ameise…
Geschrieben von Thunderle am 24.11.2011 20:54
#13
Eines Tages stellte sich ein junger Mann in die
Mitte des Ortes und verkündete, er habe das schönste Herz
im ganzen Tal. Eine große Menge versammelte sich um
ihn, und alle bewunderten sein Herz, denn es sah
vollkommen aus. Nicht eine Schramme war daran und
nicht die kleinste Delle. Ja, alle stimmten zu, dass dies
wirklich das schönste Herz sei, das sie je gesehen
hatten. Der junge Mann war sehr stolz und prahlte noch lauter
mit seinem schönen Herzen.
Plötzlich trat ein alter Mann aus der Menge heraus und sagte:
Ach was, dein Herz ist lange nicht so schön
wie meines. Die Menge und der junge Mann blickten auf das
Herz des Alten. Es schlug stark, doch es war
voller Narben. Stücke waren herausgebrochen und
andere eingesetzt,
aber sie passten nicht genau, und so
gab es einige rauhe Kanten. Tatsächlich waren da
sogar mehrere tiefe Löcher, wo ganze Teile fehlten.
Die Leute starrten darauf - wie kann er sagen,
dachten sie, sein Herz sei schöner?
Der junge Mann schaute auf das Herz des Alten, sah
seinen Zustand und lachte. Du machst wohl Witze,
sagte er. Vergleich dein Herz mit meinem: Meines ist
vollkommen und deines ist voller Narben und Löcher!
Ja, sagte der alte Mann, dein Herz sieht
vollkommen aus, aber ich würde doch niemals mit dir tauschen.
Weißt du, jede Narbe steht für einen Menschen, dem
ich meine Liebe gegeben habe. Ich nahm ein Stück
von meinem Herzen und gab es ihm, und oft gab er
mir dafür ein Stück von seinem eigenen Herzen,
das den leeren Platz in meinem ausfüllte. Aber weil die
Stücke nicht
genau gleich sind, habe ich ein paar
Unebenheiten - die ich in Ehren halte, weil sie
mich an die Liebe erinnern, die wir geteilt haben.
Manchmal, fuhr er fort, habe ich ein Stück
meines Herzens weggegeben, und der andere Mensch gab mir
kein Stück von seinem zurück. Das sind die Lücken -
Liebe zu geben ist immer ein Risiko. Diese Lücken
schmerzen, doch sie bleiben offen und erinnern mich
an die Liebe, die ich auch für diese Menschen habe,
und ich hoffe, dass sie mir eines Tages etwas zurück geben
und den
leeren Platz füllen, der darauf wartet.
Siehst du jetzt, fragte der Alte, worin die
Schönheit meines Herzens besteht?
Der junge Mann stand schweigend und die Tränen
liefen ihm über seine Wangen. Er ging zu dem alten Mann,
dann griff er nach seinem perfekt schönen jungen
Herzen und riss ein Teil heraus. Mit zitternden Händen
bot er es dem Alten an. Der alte Mann nahm es an
und setzte es in sein Herz, dann nahm er ein Stück seines
alten narbigen Herzens und setzte es in die Wunde
im Herzen des jungen Mannes. Es passte, aber nicht
ganz genau, so blieben einige rauhe Kanten. Der
junge Mann schaute auf sein Herz, das nicht mehr vollkommen
war, aber doch schöner als je zuvor, weil Liebe aus
dem Herzen des alten Mannes hinein geflossen war.